
Ende des Wellness-Booms in Hotels? Was kommt danach?
Als in den 90-er Jahren Wellness erstmals in der Hotellerie Einzug nahm, war das für die Hoteliers das entscheidende Differenzierungskriterium und Verkaufsargument schlechthin. Erst Ende der 90er Jahre brach allgemein der Wellnessboom aus und beinah jedes 4- und 5-Stern-Hotel investierte in eine Wellnessanlage. Das damalige Nutzenversprechen richtete sich an Menschen, die mehr Erholungswert und Entspannungsleistungen in ihrem Urlaub erfahren wollten. Dabei ging es primär um die „passive Entspannung“, ohne einen aktiven Gesundheitseffekt zu erzielen oder gar Präventionsgedanken zu hegen.
Dieser Wellness-Boom ist definitiv zu Ende. Eine neue evolutionäre Entwicklung und Qualität hat Einzug gefunden, welche sich über die nächsten 2 Jahrzehnte intensivieren wird. Christoph D. Albrecht, Herausgeber und Autor von „Tourismus 2025 – Fit für die Zukunft? und Geschäftsführer der Managementberatung AC Consulting in Tirol, hat sich auf die Spuren gemacht und identifizierte drei Evolutionspfade.
Wertefeld Neo-Health: Die Zukunft nach Wellness.
Die gute Nachricht zu Beginn. Wellness wird es weiter geben, nur in einer anderen Qualität.
Seit den 90er Jahren ist viel passiert. Nicht nur, dass die Hoteliers weiter fleißig in ihre Wellnessoasen investiert haben, haben sich auch die Menschen in ihren Wertvorstellungen weiterentwickelt. Mit „Neo-Health“ ist ein neuer Lebensstil eingezogen, der von einem aktiven Gesundheitsbewusstsein und der Ausrichtung nach Prinzipien der Nachhaltigkeit geprägt ist. Wenn wir von Neo-Health sprechen, dann geht es nicht darum ständig zum Arzt zu gehen und übertrieben und möglicherweise wahllos Medikamente zu verschlingen, um seine Gesundheit zu erhalten. Es geht dabei um individuelle Lebens- u. Fitnessstrategien, welche nicht nur die gesunde und nachhaltige Ernährung, sondern auch die physische und psychische Leistungsfähigkeit beinhalten.
Wellness, Sport, Gesundheit und Tourismus werden sich zunehmend stärker verschmelzen.
Somit ergibt sich ein stark wachsender und milliardenschwerer Gesundheitstourismus. Gesundheitstourismus im engen Sinn ist eine Art von Tourismus, wobei Touristen bzw. Patienten in andere Länder reisen, um eine medizinische Behandlung oder medizinische Hilfe zu erhalten.

Laut Wirtschaftskammer Österreich reisen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten jährlich 8.000 – 10.000 Menschen für medizinische Behandlungen ins Ausland. Im weiteren Sinn steht Gesundheitstourismus auch als gesundheitsorientierter Wellnesstourismus. Hotels werden in diesem Zusammenhang zu Orten der Regeneration und Prävention, der Entspannung und Balance sowie der Heilung/Linderung von Krankheiten. Die Donau Universität Krems kommt 2014 in einer Studie für das Bundesministerium zum Schluss, dass spezialisierte Wellness- und Medizintourismusangebote von der Nachfrage von jüngeren als auch älteren Menschen profitieren werden.
Neo-Health und seine Auswirkungen im Tourismus
Wir wissen, dass Gesundheit einer der stärksten Wirtschaftsmotoren der nächsten Jahrzehnte sein wird. Wir wissen, dass die Menschen aktiver sein wollen und dass der Drang zur Gesundheitsprävention sehr hoch ist. Wie wirkt sich das nun auf den Tourismus und auf die Hotellerie aus?
3 Evolutionspfade von Neo-Health im Tourismus:
1. Genuss - Wellness
Bei Genuss-Wellness stehen der Genuss und die Entspannung eindeutig im Vordergrund. Diese Bedürfnisse werden auch in Zukunft starke Motive sein, die der Gast im Urlaub erleben möchte. Das Motto heißt: Kurzer Aufenthalt – lange Wirkung. Genuss-Wellness hat weniger mit der Größe der Wellnessanlage, als vielmehr mit der Qualität des Entspannens zu tun. Das bedeutet, das gekonnte Ansprechen aller 5 Sinne wird zur Pflicht. Ein kalt-wirkender Raum im römischen Stil, wo sich schon Mängel der Hygiene breitmachen, indem eine alte Sauna und eine Dampfkabine sowie „Plastik-Liegestühle“ stehen, hat definitiv nichts mit Genuss-Wellness zu tun. Das bietet auch Chancen für Betriebe, die nicht über einen 5.000 m2 Wellnesstempel verfügen. Dabei treten Nassbereiche (z.B. Sauna, Dampfbad, Tepidarium etc.)und Beautybereiche im Vergleich zu früher zurück und spezifische Körperbehandlungen sowie aktive Entspannungsangebote, womit auch Geld verdient wird, nehmen entscheidend zu. Auch die Behandlungspräferenzen haben sich verändert. Längere Behandlungen, kombinierte Behandlungen und Behandlungen für spezifische Problemzonen werden zunehmen. Beim „Genuss-Wellness“ erhalten die Gäste spezifische Mehrwerte und hohe Qualitätsstandards geboten, wie z.B. Hotel-SPA-Suiten mit einem integrierten, kleinen privaten Wellnessbereich im Zimmer, spezielle, regionsbezogene SPA Behandlungen bzw. traditionelle Naturheilverfahren, hohe Hygiene und Sauberkeit, hochwertige, regionale gesundheitsorientierte Küche oder auch eine inspirierende Innenarchitektur zum Wohlfühlen.
3 Goldene Regeln für Genuss - Wellness:
- Inspiration: Tiefgehender Entspannungsgenuss bei den Spa-Gästen beschreibt die zukünftige Kernkompetenz eines Spa-Betreibers. Sprechen Sie im Wellnessbereich auf wohltuende Art alle fünf Sinne (sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen) des Gastes an.
- Professionalität: Die Anforderungen der Spa-Gäste werden immer anspruchsvoller. Genuss entsteht letztendlich mit der richtigen Beratung und der wirkungsvollen Behandlung. Wer hier Geld spart, verdient auch kein Geld.
- Reinheit: Achten Sie akribisch auf die Sauberkeit und Hygiene.
2. Holistic Vitality
Holistic Vitality ist, wie der Name schon andeutet, ein ganzheitlicher und aktiver Ansatz.
Er deckt den Fitness- u. Vitalitätsbereich ab, der genauso eine Leistungsdiagnostik, individuelle Ernährungs-, Bewegungs- u. Sportkonzepte, als auch Mentaltraining und Wellness zur Entspannung bereitstellt.
Der Fokus besteht darin, dass der Gast ein maßgeschneidertes, individuelles Vital-Konzept und Ernährungskonzept erhält, das er auch nach dem Urlaub fortsetzen kann. Es geht darum zu lernen, wie die eigene geistige und physische Vitalität forciert werden kann. Das Betriebskonzept ist ein Hotelbetrieb mit einem Profitcenter, der die Holistic Vitality Kompetenz, inkl. des Genuss-Wellness umfasst. Hotelbetriebe haben darin auch die Möglichkeit, sich auf gewisse Themenbereiche der Vitalität (Wassersport und –therapien) bzw. auf gewisse Problembereiche (z.B. Rücken) zu spezialisieren. Schon bei diesem Geschäftsmodell können die Aufenthaltsdauer sowie die Häufigkeit der Aufenthalte gesteigert werden. Durch den gezielten Mix aus Diagnostik, Training und Therapie sowie Wellness- und Entspannungsleistungen, wird auch auch das Ertragsergebnis optimiert.
5 Grundvoraussetzungen für Hotels
- Hotelbetreiber benötigt eine hohe Affinität zum Thema Fitness und Gesundheit
- Ausgebildete Trainer und Therapeuten betreuen die Gäste
- Profunde Kenntnisse zur Entwicklung von individuellen Fitness- u. Bewegungsprogrammen
- Ausreichend Platz für Fitness- u. Vitalanalysen und Beratungsgesprächen
- Die eigene Hotel- und die umliegende Infrastruktur bieten ideale Möglichkeiten für sportliche und mentale Aktivitäten
3. Medical Regeneration
Medical Regeneration leitet sich grundsätzlich vom bekannten Begriff „Medical Wellness“ ab und hat sehr wenig bis gar nichts mit dem passiven Wellness zu tun. Das Konzept Medical Regeneration ist ein Hybride aus Krankhaus und Hotel. Somit entstand auch der Begriff Gesundheitstourismus, der z.B. in Jordanien schon lange besteht. Es ist ein spezifisches Geschäftsmodell, das eine gesundheitswissenschaftliche Begleitung durch Mediziner zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensvitalität und Lebensqualität zur Grundlage hat. Es geht um das Kennenlernen seines eigenen Körpers und darum, sein ganzheitliches, individuelles Gesundheitskonzept mit den Medizinern zu kreieren. Menschen, die in ein Medical-Regernation-Hotel kommen, wollen im Rahmen eines angenehmen Ambientes und in „Urlaubstimmung“ regenerieren, ihren Körper und ihren Geist runderneuern und eben durch das Erlernen der eigenen Gesundheitsstrategie nach dem Aufenthalt Präventivmaßnahmen setzen. Aufenthalte in einem Medical-Regeneration Hotel können bis zu 3 Wochen dauern.
Die Erfahrungen von bereits bestehenden Medical-Regeneration-Hotels zeigen, dass die Menschen bereit sind einen höheren Preis für Aufenthalt und Behandlung zu bezahlen. Die Auslastungsrate in vielen Betrieben liegt bei sehr guten 90 Prozent über das ganze Jahr.
6 Grundvoraussetzungen für Hotels
- Der Hotelbetreiber muss eine sehr hohe Affinität zu den Themen Medizin und Gesundheit haben
- Das medizinische Konzept muss von Ärzten entwickelt und geleitet werden
- Die Gäste werden von Medizinern und ausgebildeten Trainern und Therapeuten betreut
- Betriebe benötigen ausreichend Platz für Diagnostik und Beratung
- Die eigene Hotel- und die umliegende Infrastruktur bieten Möglichkeiten für sportliche und mentale Aktivitäten
- Die Küche muss so ausgerichtet sein, dass individuelle Ernährungskonzepte angeboten werden können.
Fazit:
Aus dem ursprünglichen Mainstream-Wellness wird ein Genuss-Wellness, wo sich höhere Qualität statt Quantität bei den Gästen durchsetzen wird. Darüber hinaus gibt es mit „Holistic Vitality“ und „Medical Regeneration“ zwei weitere evolutionäre Entwicklungen, um im Tourismus und der Hotellerie ehrliches Geld mit Gesundheit und Vitalität zu verdienen, wenn man die richtigen Voraussetzungen mitbringt.
Egal, wo Sie im Wertefeld Neo-Health einhaken und wie umfangreich Sie Ihren Gast betreuen wollen, tun Sie es immer mit höchster Sorgfalt und Qualität. Dann werden Sie erfolgreich sein.
Sie haben detaillierte Fragen zu "Neo-Health" und den 3 Ausprägungen oder wollen Ihren Hotelbetrieb in diese Richtungen ausrichten und wissen noch nicht wie, dann schreiben Sie uns:
Das Buch "Tourismus 2025 - Fit für die Zukunft?, mit Details zu "Neo-Health" und den weiteren 5 Wertefeldern, die den Gast der Zukunft und seine Präferenzen beschreiben, finden Sie auf www.tourismus2025.at.
mit besten Grüßen
Christoph D. Albrecht, MBA, CMC