Mut zur Differenzierung. Wie eine Ente zum Umsatzturbo wurde!
Anders zu sein und sich vom Mitbewerb abzugrenzen, ist der Wunsch vieler Unternehmen auf unserem Planeten. Jeder Betrieb (ob Multikonzern oder Tischlereibetrieb) möchte ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich gutes Geld über einen langen Zeitraum verdienen lässt. Für viele beginnt das Dilemma aber nicht nur bei der Frage, was diese Differenzierung denn eigentlich bedeutet bzw. wodurch man sich überhaupt differenzieren kann.
„Anders sein“ – muss das sein?
Anders zu sein, ist in unseren Breitengraden leider immer noch ein kulturelles Problem. Anders, als etwa in Japan oder in den USA, ist die Fehlerkultur in Europa ein Show-Stopper für innovative und andersartige Konzepte. Schuld sind nicht etwa die Werbeagenturen, die es nicht schaffen würden, emotional geladene Kampagnen zur Differenzierung zu kreieren, oder so mancher pfiffiger und kreativer Produktmanager.
Die größte Barriere ist in vielen Unternehmen in Europa nachweislich die geringe Fehlerkultur, die wenig Spielraum für ein „Anders sein“ zulässt. Zu groß ist in Führungsetagen die Angst zu versagen bzw. die falsche Entscheidung zu treffen. Zu groß ist die Angst die eigene Reputation bei Vorgesetzten und Kollegen zu verlieren und die Angst etwa den Job durch gewagte „Anders sein-Manöver“ zu riskieren. Aber ist es nicht gerade dann, wenn Produkte und Dienstleistungen immer austauschbarer werden und die „Geiz ist geil“- Mentalität die Gewinnspannen massiv schrumpfen lässt, entscheidend, die Anstrengung, sich vom Mitbewerb zu unterscheiden zu erhöhen?
Differenzierung muss daher eine kontinuierliche und strategische Handlungsinitiative eines Unternehmens sein.
Emotionale Differenzierung. Eine Ente zeigt allen, wie es geht.
Dass es erfolgsversprechend ist, sich zu unterscheiden, möchte ich Ihnen anhand einer wahren Erfolgs-Story zeigen. Ein Beispiel, dass besser nicht sein kann, um Ihnen vor Augen zu führen, dass gerade in unbeliebten und verstaubten Branchen, riesige Potentiale abzuschöpfen sind, wenn man mutig ist, einen anderen Weg einzuschlagen, als der Rest.
Konkret geht es um Aflac, einem Versicherungsunternehmen, das in den USA im Jahr 2000 einen Bekanntheitsgrad von 10 Prozent hatte. Der CEO von Aflac wagte im Jahr 2000 ein Experiment: Er setzte eine Ente als Testimonial in den Werbespots ein. Die Kampagne sollte den Bekanntheitsgrad auf 25 Prozent steigern.
Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen. Versicherung und Ente. Eine Branche, die weder bekannt dafür ist, dass sie innovativ und kreativ ist, noch, dass sie Produkte führt, die man unbedingt haben möchte.
Umso beachtlicher ist der Mut, eine Entscheidung für etwas zu treffen, dass für die Branche und das eigene Unternehmen revolutionär war und niemand erwartet hatte, die aber gerade deshalb zu einem riesen Erfolg wurde.
Die mutige Enten-Story…
Die bisherigen Werbekampagnen von Aflac hatten durchschnittlich einen Wert von 12 erreicht. Das heißt, 12 Prozent der befragen Personen erinnerten sich an den Namen des Unternehmens. Für die neue Kampagne wurden zwei Ideen von der Werbeagentur kreiert. Eine, mit dem Schauspieler Ray Romano, und eine etwas „mutigere“, mit einer Ente. Die Pre-Tests ergaben folgende Ergebnisse:
Spot Romano: 18 Prozent
Spot Ente: 27 Prozent
Der CEO von Aflac Daniel Amos steckte nun in einem Dilemma. Sollte sich Aflac tatsächlich für eine so gewagte und aufmerksamkeitsstarke Werbung entscheiden – oder die smartere Werbung mit Ray Romano nehmen, die um so viel besser als die bisherigen Kampagnen ist? Er fragte einen befreundeten CEO, der sagte: „Niemand ist je gefeuert worden, weil der die Leistung um 50 Prozent verbesserte. Entscheide dich für die sichere Variante.“
Vereinzelte Mitarbeiter und Führungskräfte bei Aflac, denen die Kampagne vorgestellt wurde, verstanden sie nicht. Eine Ente war für ein Versicherungsunternehmen anscheinend zu „anders“.
Doch dem CEO von Aflac gingen die 27 Prozent und das positive Gefühl, das die Ente ausstrahlte, nicht mehr aus dem Kopf. Um sicher zu gehen, entschied er sich eine Test-Kampagne über zwei Wochen durchzuführen. Die Aflac-Ente hatte somit ihr Debüt im Jahr 2000 auf CNN.
und ihr tierischer Erfolg.
Der Erfolg zeigte sich unmittelbar, und er war überwältigend. Am ersten Tag besuchten mehr Menschen die Website von Aflac als im gesamten vorangegangen Jahr. Nach wenigen Wochen fragten erste Fans nach Plüschtierversionen der Ente. So wurden die Plüschtiere-Enten produziert und an Fans verkauft. Der Erlös von 75.000 Dollar ging an das Aflac-Krebszentrum.
Trotz des ersten Erfolges musste man abwarten, ob auch die Geschäftsziele erreicht würden. Diese Frage wurde rasch beantwortet: Im ersten Jahr stiegen die Umsätze in den USA um 29 Prozent; innerhalb von drei Jahren hatten sie sich verdoppelt. Der Bekanntheitsgrad stieg nach zwei Jahren mit der Enten-Kampagne von Anfangs 10 Prozent auf 67 Prozent. Im Jahr 2010 lag der Bekanntheitsgrad bei 90 Prozent. Nach 14 Jahren entwickelte sich die Markenbekanntheit auf 94 Prozent. Nach kulturellen Anpassungen konnte der Konzern die Ente auch auf dem japanischen Markt mit einem riesen Erfolg etablieren.
Die Ente ist heute ein fixer Bestandteil von Aflac. An allen Kontaktpunkten ist die Ente erlebbar, inkl. Ententeich vor dem Firmensitz.
Ende gut, Mut tut gut.
Der Mut, sich mit einem emotionalen Sympathieträger, wie einer Ente, in der Versicherungsbranche zu differenzieren, war genau richtig. Erst dadurch konnte man das verstaubte Image ablegen, neue Kundengruppen erreichen, höhere Markensympathien erzielen, die ja für den Vertrieb sehr wichtig sind, und letztlich auch wirtschaftlich glänzen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Erfolgs-Story einen Impuls geben, darüber nachzudenken, wie Sie sich gegenüber Ihrem Mitbewerb differenzieren können. Es muss ja nicht zwingend die emotionale Differenzierung in der Kommunikation mit einem Tier sein.
Mit etwas Kreativität und Mut, die Dinge anders zu machen, wie man es selbst gewohnt ist, oder von einem erwartet wird, rentiert sich oft. Wichtig dabei ist aber immer, dass der Bezug zum strategischen Markenprofil vorhanden ist, und dass alle Maßnahmen in die Marke einzahlen und sie stärken.
Anders zu sein, ist keine Frage der Unternehmensgröße. Es ist eine Frage der Kreativität und des Mutes zur Entscheidung zum "Anders sein".
Viel Erfolg dabei. Es lohnt sich.
Mit besten Empfehlungen
Christoph D. Albrecht
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