Trickkiste Preispsychologie! Wie Sie Ihre Umsätze deutlich steigern.
Der Preis ist in der Menschheit schon ein Thema seit es den Handel gibt und nicht nur deshalb extrem spannend sich damit zu beschäftigen. In meiner Praxis zeigt sich immer wieder, dass der Preis einer der mächtigsten Waffen im Marketing ist. Er hat direkten Einfluss auf den Gewinn von Unternehmen, aber auch direkten Einfluss auf die „wertvolle“ Geldbörse des Konsumenten. Und zum Zweiten ist der Preis wesentlich emotionaler behaftet als man immer glaubt.
Was es damit auf sich hat, möchte ich Ihnen ein Stück näher bringen und Ihnen einen kleinen Einblick in die Welt der Preispsychologie geben.
Bis zu 80 % unserer Entscheidungen treffen wir unbewusst bzw. emotional.
Nach 40 Jahren Hirn- u. Preisforschung können wir mit Bestimmtheit sagen, dass es den streng logisch denkenden Homo Ökonomikus nicht gibt, es sei denn, er ist Vulkanier.
Warum ist das so?
Der Grund dafür liegt tief in unserem Gehirn vergraben. Um genauer zu sein in unserem Stammhirn. Das Stammhirn besteht aus dem verlängerten Rückenmark, dem Kleinhirn, Hinterhirn, Mittelhirn und dem Zwischenhirn. Es ist für die sofortigen und elementaren Reflexe verantwortlich und verarbeitet alle Informationen unserer Sinnesorgane. Hier werden unsere gesamten Erfahrungen und Erlebnisse unseres Lebens abgespeichert und bei Bedarf in Millisekunden abgerufen. Das Stammhirn steuert somit alle unsere Gewohnheiten, die automatisch ablaufen.
Das limbische System ist das emotionale Zentrum und verleiht den menschlichen Wahrnehmungen und Gedanken eine emotionale Färbung (Freude, Wut, Ärger, Angst etc.). Hier werden auch die Körper eigenen Opioiden, die Endorphine produziert (Glückshormone). Es steht in engem Kontakt mit dem Stammhirn.
Bevor also unser Großhirn, unser rationales Arbeitsgehirn, Signale erhält, sind die meisten (emotionalen) Entscheidungen schon längst vorselektiert und verarbeitet.
Sie sehen also, wir können genetisch nicht anders. Wir treffen Entscheidungen, schon bevor wir glauben Sie getroffen zu haben.
Beispiel:
Schauen wir uns ein Beispiel an. Für welches dieser beiden Naturjoghurts sind Sie bereit einen höheren Preis zu akzeptieren?
Vermutlich haben Sie sich für das Bio-Naturjoghurt entschieden. Die Frage, die sich stellt ist, warum? Beide Joghurts haben die gleichen Ingredienzen und die gleiche Inhaltsmenge. Warum sind Sie bereit für das Bio Joghurt einen höheren Preis zu akzeptieren?
Die Antwort dazu ist einfach. Sobald Sie ein Produkt mustern, entstehen in Bruchteil von Sekunden Bilder in ihrem Kopf, die Sie ebenso schnell bewerten und mit Ihren Erfahrungen abgleichen. Sie haben gelernt, dass Bio hochwertiger, gesünder, naturorientierter usw. ist. Die Fülle an Argumenten ermuntert Sie deshalb einen höheren Preis zu bezahlen.
Was bedeutet das für das Preismangement?
Sie müssen sich im Pricing zukünftig primär auf die Werte- u. Nutzenvermittlung konzentrieren und dabei relevante preispsychologische Effekte mitberücksichtigen.
Prospecttheorie – Die Theorie von Gewinnnutzen und Verlustschmerz
Daniel Kahnemann und Amos Tversky (Wirtschaftsökonomen), haben Ende der 70er Jahre die Prospecttheorie entwickelt und Anfang der 2000er den Nobelpreis erhalten.
Die Prospect Theorie erklärt den Zusammenhang zwischen Verlustschmerz und Gewinnnutzen beim Erwerb eines Produktes oder einer Dienstleistung.
2 Grundprinzipien der Prospecttheorie:
- Verluste werden stärker wahrgenommen als Gewinne
- Der Nutzen bzw. Wert eines Kaufes wird an den Veränderungen im Verhältnis zu einem Referenzzustand gemessen. Das bedeutet, dass der wahrgenommene Gewinn oder Verlust in Abhängigkeit zum erwarteten Ergebnis gestellt wird. Beispiel:
Nach dem neuen Einrichten Ihres Wohnzimmers, werden Sie, ob Sie wollen oder nicht, einen Abgleich machen, was sich verändert hat, zu davor. Dabei gleichen Sie die Erwartung vor dem Kauf, die Wahrnehmung des neuen Wohnzimmers nach dem Kauf zum eingesetzten Preis, den Sie dafür bezahlt haben ab und bewerten, ob der Kauf ein guter Deal war. Diese neue Erfahrungen und Gefühle die dadurch entstehen, werden wiederrum im Stammhirn abgelegt und für zukünftige Konsumentscheidungen emotional aufgerufen.
2 psychologische Effekte der Prospect Theorie
1. Endowment Effect
Der Endowment Effect wurde vielfach experimentell nachgewiesen und bedeutet, dass der ideelle Wert eines Produktes, das man besitzt oder man schon geistig in seinem Besitz sieht, signifikant steigt. Dieser Eigentums-Lock-in wirkt höher als die ursprüngliche Zahlungsbereitschaft.
Hirnforscher haben nachgewiesen, dass wir tatsächlich Schmerz empfinden, wenn wir etwas hergeben müssen oder verlieren, dass wir zuvor schon besessen haben oder schon im Besitz gesehen haben.
Beispiel Sonderausstattung Neuwagen:
Nach dem eigentlichen Kaufakt des Neuwagens, geht es zu den Sonderausstattungen. Zu diesem Zeitpunkt hat ein cleverer Verkäufer bereits Ihre Wertvorstellungen längst identifiziert. Der Verkäufer wird mit Ihnen in aller Ruhe und bei Kaffee die Liste durchgehen und speziell auf die Ihnen wichtigen Ausstattungsoptionen eingehen. In diesem Prozess findet der angesprochene Eigentums-Lock-in statt. Durch die emotionalen Bilder und inneren JA`s, die im Zuge des Durchgehens der Sonderausstattungen bei Ihnen entstehen, wird es für Sie immer schwerer aus der Falle rauszukommen. Nachdem nun alle Optionen besprochen wurden, werden die Kosten auf den Tisch gelegt und Sie stehen jetzt vor der Aufgabe, die schon ausgewählten Ausstattungen, die Ihnen wichtige sind, wegzustreichen. Etwas herzugeben, was wir schon ausgewählt haben, ist für uns Menschen sehr schwierig. So funktioniert in der Regel der Endowment-Effekt.
Der Endowment-Effekt ist besonders da anzutreffen, wo es um Gebrauchsgüter geht. Zu diesen bauen wir eine gewisse Verbindung auf, da sie verhältnismäßig lange in unserem Besitz sein können.
Clevere Verkäufer und Marketingexperten versuchen daher ihre Kunden das Gefühl des Besitzes des Produktes schon vor dem Kauf intensiv zu vermitteln, indem man die Kunden probieren, testen, auswählen, sondieren, konfigurieren etc. lässt. Je länger und intensiver die Phase dauert, desto höher steigt die Kaufwahrscheinlichkeit und Zahlungsbereitschaft.
2. Cash back Effect
Beim Cash back Effect geht es darum den Gewinnnutzen zu erhöhen und den Verlustschmerz beim Erwerb des Produktes oder der Dienstleistung zu reduzieren. Viele Unternehmen in allen Branchen verwenden den Cash back Effect, um die Attraktivität des „Deals“ zu erhöhen.
Beispiel Autokauf:
Zum Beispiel bieten clevere Autoverkäufer z.B. beim Kauf eines Gebrauchtwagens der 30.000 € kostet, 2.000 € Cash back an. Warum? Ökonomisch gesehen unlogisch. Der Verkäufer könnte den Gebrauchtwagen gleich um 28.000 € anbieten. Die Lösung dazu ist, dass gegenüber dem Verlustschmerz von 30.000 € ein Gewinnnutzen von einem Fahrzeug und 2.000 € stehen – also eine 1:2 Beziehung für den Gewinnnutzen.
Beispiel Bank:
Auch eine österreichische Bank versucht sich über den Cash back Effect Wettbewerbsvorteile rauszuholen und sich gegenüber anderen Banken als besserer „Deal“ zu positionieren, indem der Bankkunde bei jeder Transaktion und jeden Einkauf über die Bankomatkarte einen Geldanteil monatlich auf sein Konto gutgeschrieben bekommt.
Der Effekt ist die Erhöhung des Gewinnnutzens und die Verringerung des Verlustschmerzes:
- Kunde hat das Gefühl er verdient Geld beim Einkauf
- Die Bankgebühren spielen aufgrund der laufenden Gutschriften nur mehr eine untergeordnete oder gar keine Rolle mehr.
Nebenbei erwähnt: Eine Barzahlung erhöht den Verlustschmerz. Bezahlung mit der Kredit- oder Bankkarte reduziert den Verlustschmerz beim Bezahlen.
Ratenzahlung hat für den Kunden den geringsten Verlustschmerz.
Sortimentseffekt:
Ein weiterer wichtiger psychologischer Preistrick ist der Sortimenseffekt.
Der Sortimentseffekt ist ein erstaunliches Prinzip, dass es dem Anbieter von Produkten und Dienstleistungen ermöglicht, höhere Umsätze bzw. Gewinne zu generieren, ohne neue Produkte entwickeln zu müssen.
2 unterschiedliche Beispiele dazu:
1. Weinpromotion
Bei diesem empirischen Test wurde zuerst eine Weinflasche um 5 € angeboten. 100 Kunden wählten den Wein. Beim zweiten Test wurde eine Weinflasche um 10 € hinzugefügt. Von den 100 Kunden entschieden sich nun 20 % für die teurere Variante und der Umsatz erhöhte sich ohne jegliche Anstrengung auf 600 € (knapp 20% Mehrumsatz). Beim 3. Versuch wurde eine Weinflasche um 15 € hinzugefügt. Diesmal entschieden sich 50 % für 10 € Flasche und 10 % für die teuerste 15 € Flasche. Somit wurde nur durch die Sortimentsveränderung ein Umsatz von 850 € erwirtschaftet (knapp 41 % Mehrumsatz). Würde nun eine 4. Variante hinzukommen, würden sich die Kaufentscheidungen nach oben hin bewegen. ACHTUNG: Bieten Sie nicht mehr als 4-5 Varianten, ansonsten kommen sie in den Genuss des Paradox of choice – Effect, der genau das Gegenteil auslöst, nämlich Komplexität und Nichtkauf.
2. Magazin-Abo
Bei diesem empirischen Test des bekannten Wirtschaftsmagazins Economist, wurde zuerst eine Online und Print + Online Variante angeboten. Die meisten nahmen die günstigere Onlinevariante. Nun kommt ein erstaunlicher Effekt. Zu diesen beiden Optionen gab man eine reine Printoption um den gleichen Preis, wie die Print + Online Option hinzu. Siehe da, diese Option nahmen 0%, aber dafür nahmen 84 % die Print + Online Option, die davor nur 32 % nahmen. Durch das bewusste hinzunehmen einer "sinnlosen Option", um den gleichen Preis, wie die beste Variante, erhöht sich signifikant der Mehrwert für diese. Dies nennt man auch die Magie der Null.
Psychologische Gründe für den Erfolg des Sortimentseffekt:
- Drang zur Mitte – Sicherheitsgefühl (psychologische Hürde des Randproduktes)
- Magie der „Null“
- Individualisierung – Selbstbestimmung
- Status: „Ich kann/will mir das leisten“ (das Gefühl der höheren Qualitätsanmutung mit aufsteigendem Pricing)
Entscheidend im Preismanagement und bei allen preispsychologischen Effekten ist der Fokus auf den Wert des Produktes und den Gewinnnutzen für den Kunden.
Für Fragen oder Meinungen zu dem Thema schreiben Sie mir einfach unter ch.albrecht@acconsulting.co.at
mit besten Grüßen
Christoph D. Albrecht, CMC