Zukunftsstrategie Familienunternehmen.
Ein Tanz auf Rasierklingen?
Die Wirtschaftswelt wird immer komplexer und vor allem dynamischer. Geschäftsmodelle vor 20 Jahren haben heute an Relevanz verloren. Bewährte und in der Vergangenheit erfolgreiche Marktstrategien werden buchstäblich außer Kraft gesetzt. Die Geschwindigkeit der Veränderung nimmt signifikant zu. Von der herstellenden Industrie bis zum Bankensektor, ob Hotelbetrieb oder Tischlerei, ob Konzern, Klein- oder Mittelständer, in allen Branchen und Unternehmensgrößen wird der Wandel Einfluss auf bestehende Geschäftsmodelle nehmen.
Aufgrund unserer Praxis, der wissenschaftlichen Arbeit und Beschäftigung mit Zukunftsthemen sowie der Herausgabe des Buches „Tourismus 2025 - Fit für die Zukunft?“, kennen wir die 3 relevantesten Veränderungsfaktoren im Wirtschaftsleben sehr gut. Es sind die Technologie/Digitalisierung, die Branchen- und Wettbewerbsdynamik und die Menschen selbst, die zum einen im Zuge ihres Lebens mehrere Lebensphasen passieren und daher entsprechende Produkte und Services benötigen und andererseits die langzyklischen Wertefelder (Verhaltensmuster), wie EGO-Konsum, Neo-health, Inspiration, VerNETZung, Native-Eco etc., die massiven Einfluss auf die Wirtschaft rund um den Globus haben. Dadurch verändern sich das Kauf- und Konsumverhalten sowie die Art und Weise, wie man sich als Unternehmen vermarktet, teilweise grundlegend.
Wie die technologische Veränderung eine ganze Branche revolutionierte
Noch Mitte der 80er Jahren befand sich die Videothekenbranche im Hochboom. In Deutschland gab es knapp 5.000 stationäre Videotheken mit 130 Mio. ausgeliehenen Videos. Im Jahr 2000 waren es nur noch 14,5 Mio. und 2010 6,9 Mio. ausgeliehene Videos. Zwischen Mitte der 80er und 2010 gab es technologische Entwicklungen, die von der VHS Kassette zur CD/DVD (1990) Blue Ray (2000) und Video Streaming (2010) reichte. 2005 verzeichnete Netflix, ein führender Anbieter für Video Streamingdienste, bereits 4,5 User. 2010 waren es 16 Mio. User und 2018 waren es unglaubliche 140 Mio. Videostreaming-User.
Was war die Konsequenz?
2010 meldete Blockbuster, der größte stationäre Videothekenverleih, mit 5.000 Filialen Konkurs an. So veränderte sich innerhalb von 2 Jahrzehnten eine komplette Branche und zerstörte etablierte Geschäftsmodelle von zig-tausenden Videothekenbetreibern weltweit. Dieses Beispiel ist nur eines von tausenden weltweit.
Gründe für den Rasierklingentanz
Die Wirtschaft in Österreich ist von Familienunternehmen geprägt. Wir sprechen laut WKO von rund 157.000 Unternehmen mit knapp 1,8 Mio. Beschäftigten und Umsätzen in der Höhe von rund 394 Mrd. Euro in 2018. Drei Viertel der Familienunternehmen haben eine/n einzige/n Eigentümer/in. In mehr als der Hälfte der Unternehmen mit einer Person als Eigentümer/in wird der Betrieb auch von nur einer einzigen Person geführt.*
Dieser Umstand wirkt in einem komplexeren und dynamischeren Wettbewerbsumfeld als wichtigster „kritischer Faktor“. Warum?
Erfolgsstrategien und Geschäftsmodelle werden nicht von Unternehmen, sondern von Menschen entwickelt. Der Mensch ist naturgemäß wenig veränderungsbereit und verharrt am liebsten in einer Komfortzone – so lange, wie möglich. Ich habe aus meiner Praxis in der strategischen Begleitung von Unternehmen und durch meine 2017 durchgeführten wissenschaftlichen Arbeit: „Interventionen und ihre Bedeutung für die Entwicklung einer Marken- und Unternehmensidentität in inhabergeführten Unternehmen“, die vier häufigsten und relevantesten „Erfolgskiller“ identifiziert, die in Familienbetrieben einen zukunftsorientierten Wandel verhindern.
- Der Vorwand „Wir haben keine Zeit, um uns mit Strategien zu beschäftigen“, wir haben zu viel zu tun. Wir müssen uns ums Tagesgeschäft kümmern.
- Wozu sich verändern, uns geht es eh gut.
- Wozu die Dinge anders machen, das haben wir immer so gemacht und hat auch immer funktioniert.
- Falscher Stolz. Fehler oder Missstände eingestehen sowie Hilfe von Spezialisten verweigern.
Diese Feststellung wird durch den KSV nochmals in seinem 10-Jahres-Vergleich 2016 bestätigt. Die Gründe für Insolvenzen lassen sich laut KSV1870 zu gut 50 % auf interne Managementfehler (fehlender Weitblick, mangelnde Beobachtung der Wirtschaft und kritischer Einflussfaktoren, etc.) zurückführen. Know-how und bessere Fähigkeiten im Management würden viele Unternehmenskollapse vermeiden.**
Eine der bisherigen Stärken von inhabergeführten Unternehmen, die nachhaltige und umsichtige Unternehmensführung, wird durch die immer vielseitigeren, komplexeren und dynamischeren Einflüssen egalisiert. Wenn nun die Hälfte aller Familienunternehmen von einer Person gelenkt werden und diese bewusst oder unbewusst Risiken nicht erkennt, wer übernimmt dann den strategischen Wandel?
Wirtschaftliche Veränderungen sind wie ein Krebsgeschwür. Sie kommen lautlos und unbemerkt und schlagen erbarmungslos zu. Laut KMU Forschung Austria befinden sich die meisten der Familienunternehmen im unternehmerischen Lebenszyklus der Reifephase. Jedes 10. Unternehmen steht 2017 in Österreich sogar vor der Übergabe. Bei Familienunternehmen, die über 30 Jahre bestehen, befindet sich bereits jedes vierte vor der Übergabe.*
Die wichtigste Erfolgsstrategie der Zukunft für Familienbetriebe
Speziell inhabergeführte Klein- und Mittelbetriebe, die keinen Stab an Marketern und Strategen haben, tun gut daran, sich frühzeitig mit der Veränderung zu beschäftigen. Es bedarf zukünftig der permanenten Auseinandersetzung mit den aktuellen Gegebenheiten des aktuellen Geschäftsmodells und den potentiellen Entwicklungen, um Marktchancen und –risiken frühzeitig zu erkennen.
Ich empfehle Ihnen dabei 4 Schlüsselfelder in ständiger Beobachtung zu halten.
- Den Kundennutzen und die Wertschöpfung am Kunden
- Die Kernkompetenz
- Die Ertragslogik
- Die Vermarktung
Bei allen vier Schlüsselfeldern, müssen sich Unternehmer in Bezug auf die 3 Veränderungsfaktoren Technologie/Digitalisierung – Branche/Wettbewerb – Mensch die kritische Frage stellen, ob eine technologische Veränderung oder eine Veränderung im Konsum- und Kaufverhalten etc. Auswirkungen auf die 4 Bereiche ihres Geschäftsmodells haben können.
Die wichtigste Erfolgsstrategie für Familienunternehmen liegt zukünftig darin, die Veränderung aktiv zu suchen und sie als „echte Chance“ sehen, um ein zukunfts- und ertragsorientiertes Geschäftsmodell für den eigenen Betrieb zu entwickeln.
Es hat sich in der Praxis sehr oft bewährt, sich durch einen Experten im strategischen Management mit systemischer Beratungskompetenz begleiten zu lassen.
So kann der Tanz auf Rasierklingen zu einem echten Erfolgstanz werden.
Mehr zu unseren Leistungen für Strategieberatung finden Sie hier. Für Fragen oder Feedback zu diesem Thema freue ich mich, wenn Sie mir schreiben news@acconsulting.co.at
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Ihr Christoph D. Albrecht
*WKO Analyse/Familienunternehmen in Österreich/Stabsabteilung Wirtschaftspolitik 2018 **Pressemitteilung KSV1870/Jedes zweite Unternehmen scheitert an der Chefetage/2016